"Tanzt, vor allem aus der Reihe"

Berichte & Infos

Die beste Stimmung ever!!

Kleiner Bericht zu einem Tanzprojekt mit behinderten Kindern.

 

Im Frühjahr 2023 wurde ich von einem Lehrer der Dreifürstensteinschule in Mössingen gefragt, ob ich Lust hätte, mit seinen Schülerinnen und Schülern zu tanzen.

Lust hatte ich schon. Aber bislang keine Erfahrung mit Kindern und Jugendlichen. Und schon gar nicht mit Kindern, die körperlichen und motorischen Unterstützungsbedarf haben (darf ich „behindert“ schreiben, ohne dass mir fälschlicherweise Intoleranz und Respektlosigkeit unterstellt werden kann?).

Zum Glück ist die Tanzcommunity sehr groß und engagiert, so dass ich viele Tipps bekommen habe. Der wichtigste Hinweis war: Musik anschalten und lostanzen – es wird toll!

Genauso war es! Bereits vor dem Start war die Halle voll, die Stimmung war total positiv und fröhlich und alle tanzten schon frei zur Pausenmusik los.

Es waren etwa 30 Kinder und Jugendliche dabei, auch einige mit Gehhilfen und im Rollstuhl.

Die Tänze die ich ausgesucht hatte, hatten einfache Gehschritte. Wir sind im Kreis und auch frei im Raum unterwegs gewesen. Armbewegungen (teilweise mit Tüchern) waren dabei, stampfen, klatschen und jubeln.

Ich wollte auch gerne alle miteinander in Kontakt bringen, deshalb gab es einen Tanz mit Partnertausch und einen Gassentanz, bei dem immer ein Paar im Mittelpunkt stehen und durch die Gasse tanzen konnte.

Schnelle Musik kam super gut an, die Schritte und Bewegungen dazu haben wir dann einfach an das Tempo der Gruppe angepasst. Die meisten Tänze haben wir gleich zur Musik begonnen und sie haben meine Bewegungen imitiert.

Am schwierigsten war mein letzter Tanz, da wollte ich zum „Abkühlen und Runterkommen“ einen langsamen Tanz machen, bei dem man seitlich geht und sich wiegt. Diese Bewegungen konnten die Kids ohne Übung nicht so einfach umsetzen.

 

Also mein Fazit: Experiment gelungen. Für mich war es eine ganz tolle Bereicherung und sehr schöne positive Erfahrung. Und ich denke, die Kids hatten eine gute Zeit, sie haben Musik und Tänze aus ganz verschiedenen Ländern kennengelernt, sind miteinander in Kontakt gekommen und konnten sich voll „austanzen“.

Erfolgreicher Abschluss der Tanzleiterausbildung

Nach fast 2 Jahren konnte ich nun im Dezember 2020 meine berufsbegleitende Ausbildung zur „Tanzleiterin für Tanzkultur“ (Tanzpädagogik) beenden.

Die LAG (Landesarbeitsgruppe) Tanz Baden-Württemberg führte diese Ausbildung bereits zum 12. Mal durch. Trotz „Corona“ konnten wir (14 verbliebene Teilnehmer*innen) in der Bundesakademie in Trossingen unsere Prüfungen absolvieren und anschließend unsere Zertifikate in Empfang nehmen. Nun hoffen wir natürlich, baldmöglichst das Gelernte „unters“ Volk zu bringen und uns in der realen Tanzwelt ausprobieren zu dürfen.

 

Vielen Dank ans TLA-Leiter-Team und alle Mittänzer*innen!

 

VHS und Balkan – oder was macht man im Winter am Gardasee

(Anja von Richthofen, Januar 2020)

 

Tanzen zum Beispiel.

Seit einigen Jahren veranstaltet die italienische Tanzorganisation FARE das Wintertanzfestival „Balkanot“ in Castelletto di Brenzone am Gardasee.

Zwischen Neujahr und Dreikönig kommen zirka 70 Folk-Tänzerinnen und Tänzer aus ganz Europa und den USA zusammen, um sich auszutauschen und neue Tänze zu lernen.

 

In diesem Jahr lud der Organisator Roberto Bagnoli, der selbst israelische Tänze unterrichtet, Stephen Kotansky aus den USA ein, der ein ausgewiesener Experte für Balkantänze ist, sowie Caspar Bik aus den Niederlanden, der sich intensiv mit Tänzen der Schwarzmeer-Regionen beschäftigt. 

Was hat das aber nun mit der VHS Pfullingen zu tun?

Sehr viel. Denn seit diesem Jahr haben die VHS-Dozentinnen und Dozenten die Möglichkeit eine Erasmus-Förderung zu bekommen, wenn sie an Weiterbildungsmaßnahmen im europäischen Ausland teilnehmen.

Als eine der ersten „Glücklichen“ habe ich das Angebot angenommen und bin zum Tanzen und Lernen nach Italien gefahren.

Die Antragsstellung war erstaunlich unkompliziert und dank der guten Beratung und Unterstützung seitens der VHS Pfullingen hat alles hervorragend geklappt.

Und so bin ich nach Neujahr über die Alpen an den Gardasee gereist.

Ich war sehr positiv überrascht von der Organisation des Festivals, so persönlich und freundlich wurde ich selten willkommen geheißen.

Mein Ziel war ja vorrangig, neue Tänze zu lernen, die ich dann hier vor Ort meinen Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmern weitergeben kann. Dieses Ziel wurde mehr als übererfüllt, es wurden so viele schöne Tänze unterrichtet, dass wir die nie im Leben alle tanzen können.

 

Außerdem habe ich den Tanzlehrern ein wenig „auf die Füße“ geschaut und mir die ein oder Anregung für meinen eigenen Unterricht mitgenommen.

Aber ich habe auch viele gute Gespräche mit Tänzerinnen und Tänzern aus Italien, Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden und USA gehabt. Wir haben Erfahrungen ausgetaucht, gefachsimpelt und Kontakte geknüpft.

Da zeigt sich auf jeden Fall, dass Tanzen eine universelle Sprache ist! Und wenn wir so im Kreis stehen und alle sich mit den gleichen Schritten zur Musik bewegen, da sind wir eine große Gemeinschaft und gehören zusammen, egal, welchen Beruf oder sozialen und kulturellen Hintergrund man hat.

 

Mein Fazit: Erasmus und die VHS Pfullingen passen wunderbar zusammen und wir Dozentinnen und Dozenten sollten uns die Chance, über den Tellerrand zu schauen, nicht entgehen lassen.

Wie war es denn nun aber konkret vor Ort?

Wir tanzten in der Turnhalle des „Garda Family House“, einer kirchlichen Einrichtung mit Gästehaus, Schule, Kirche, Pflegheim und Hospiz.

Die Unterrichtssprache war englisch mit italienischer Übersetzung und das Leistungsniveau der Teilnehmenden war „fortgeschritten“, d.h. es waren sehr viel Tanzlehrerinnen und Tanzlehrer dabei sowie erfahren Israel- und BalkantänzerInnen.

Entsprechend intensiv waren die Unterrichtseinheiten; die drei Lehrer wechselten sich ab und unterrichteten jeweils in einem Block von 1-1,5 Stunden 2-5 Tänze (je nach Komplexität). Es gab morgens und nachmittags Unterricht und abends „Party“.

„Party“ meint, dass sich die TeilnehmerInnen Tänze wünschen konnten, die dann bis weit nach Mitternacht getanzt wurden. Das heißt, da wurde nichts erklärt, sondern nur getanzt und das war eine interessante Herausforderung sowohl an die Kondition, als auch an die geistige Aufnahmefähigkeit.

Didaktisch arbeiteten die Lehrer mit verschiedenen Methoden. Zumeist wurden Schrittübungen und Vereinfachungen der Tänze gleich zur Musik getanzt. Hin und wieder wurden auch Bewegungsabläufe vorab „trocken“ und „Schritt-für-Schritt“ eingeführt.

Für das Tanzenlernen ist es am Effektivsten, wenn die Verbindung von Bewegung und Musik sofort erfolgt. Somit haben die Tanzenden gleich einen Zugang zu dem Tanz und können die Schritte und Bewegungen verinnerlichen, haben das Gefühl, dass sie gleich richtig tanzen und fühlen sich bestärkt und motiviert. Wichtig ist auch, das kontinuierliche Wiederholen des Gelernten. Das heißt, dass neue Tänze mehrfach und zu einem späteren Zeitpunkt erneut getanzt werden. Nur so festigen sich die Kenntnisse und der Tanzspaß kommt zum Tragen.

Spezielle Tanzkleidung, abgesehen von bequemer Kleidung und Tanzschuhen, gab es auf diesem Seminar nicht.

 

Für die bulgarischen Tänze hatten wir Tanzgürtel. Durch diese Tanzfassung, man greift immer die Gürtel der Nachbarn, erreicht man eine enge Kreistanzform und die Gruppe bewegt sich sehr synchron. Der Tanzgürtel kann ein einfacher Ledergürtel sein; ich hatte ein Tuch umgebunden, was auch gut funktioniert hat und zudem schick aussah.

Zum Unterricht gehören natürlich auch die Informationen über die jeweiligen Tänze: In welchen Regionen werden sie getanzt? Von welchen Bevölkerungsgruppen? Welche Inhalte haben die Lieder? Was bedeuten die Bewegungen? Was sind die primären, traditionelle Instrumente? Auf welche stilistischem Merkmale kommt es besonders an? …

Immer wieder kam zur Sprache, dass Kultur - also Lieder, Tänze, Sprache, Brauchtum – viel älter ist, als die aktuellen politisch-nationalen Ländergrenzen. Es wird deutlich, welche Wanderbewegungen einzelne ethnische Gruppen unternommen haben, wo sie vertrieben wurden, wo sie siedeln durften und wo sie durch andere Ethnien dominiert wurden. Ein Stück „Kultur“ haben sie zurückgelassen und „ihre Kultur“ in der neuen Heimat oder unter der Herrschaft Anderer bewahrt. Sie hinterlassen den Anderen also ihr Spuren in Form von Liedern, Musik und Tanzbewegungen und nehmen selbst neue Impulse auf.

Es ist ein extrem spannendes Thema, zum Beispiel nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden bei Tänzen verschiedener Regionen Anatoliens zu suchen, die kurdische, türkische, armenische, lazische oder griechische Hintergründe haben.

Klar wird dabei auf jeden Fall, dass „Kultur“ keine Ländergrenzen kennt. Das Thema des „grenzenlosen Tanzens“ kam immer wieder hier zur Sprache. In vielen Liedern hört man die Sehnsucht nach Gemeinschaft, nach Heimat und den Wunsch nach Sicherheit und Frieden. Es gibt Lieder, da singen Türken, Kurden und Armenier gemeinsam als Zeichen, dass Krieg und Diktaturen es nicht schaffen können und dürfen, die Menschlichkeit und das Verständnis untereinander zu zerstören.

Ein anderes Thema ist auch immer wichtig: ist es ein traditioneller Tanz oder eine Choreografie. Ein sehr weites Feld!

In Kurzform: richtig alte, also über Jahrhunderte hinweg ununterbrochen getanzte Tänze gibt es sehr, sehr wenige. Am ehesten finden wir diese in regional abgrenzbaren, ethnischen Minderheitsgruppierungen im dörflichen Kontext.  Z.B. bei den Lazen oder den Kurden.

Die meisten Tänze, das gilt für fast alle mittel- und nordeuropäischen Tänze, sind „wiederbelebt“. D.h. die ursprünglichen Kreistänze sind im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen, wurden verdrängt, vergessen oder verboten. Aufzeichnungen existierten von den traditionellen Tänzen kaum, weil sie im Volk getanzt und somit durch Tanzen weitergegeben wurden und nicht gelehrt und gelernt wurden, wie wir es uns heute vorstellen. Auch Musikaufzeichnungen gibt sehr wenige.

Um Neunzehnhundert gingen verschiedene TanzlehrerInnen europaweit auf Spurensuche und befragten alte Tänzer und Tänzerinnen nach ihren Erinnerungen und zeichneten deren Tänze auf. Viele dieser Tänze, auch Paartänze, werden heute als „traditionell“ bezeichnet und dürfen nur so und nicht anders getanzt werden. Ob die Erinnerungen der „Alten“ tatsächlich so vollständig waren und die aufgezeichneten „Sprünge“ und Bewegungen dann früher, in jungen Jahren, tatsächlich so vollführt wurden … darüber lässt sich trefflich spekulieren.

Viele Tanzlehrer choreografieren Tänze im Sinne der jeweiligen Traditionen, d.h. sie nehmen typische Schritte, Stilelemente und Bewegungsmuster der jeweiligen Regionen und setzen sie zu neuen Tänzen zusammen.

Im Bereich der israelischen Tänze kann man ja nun gar nicht auf Traditionen zurückgreifen. Mit Gründung des Staates Israel wurde versucht, eine kulturelle und Nationalidentität zu schaffen. Es setzte ein ungeheuer kreatives Choreografieren von Tänzen ein, das bis heute anhält.

 

 

Nochmal ein Fazit: Mein „Balkanot-Aufenthalt“ war also neben dem sehr intensiven Tanzenlernen vor allem auch ein Ausflug in die Komplexität der europäischen Tanzkultur. Und was ich mir tatsächlich davon mitnehme, ist der Wunsch nach gegenseitigem Verstehen und Akzeptieren.

 

Sommerzeit - Festivalzeit 

 

Übers ganze Jahr verteilt gibt es kleinere und größere Tanzwochenenden und Festivals in Deutschland und Europa.

Man trifft sich auf Burgen, in Klöstern und Herbergen, Open Air und in großen Tanzzelten. Es wird musiziert, gefeiert, geschwatzt, gelacht, gelernt und natürlich getanzt. Solche Treffen erweitern den Horizont ungemein, man lernt neue Menschen kennen, neue Tänze, Musik, Lebenswelten. Es gibt Tanzkurse mit erfahrenen LehrerInnen, Livemusik und dabei auch immer wieder interessante musikalische Neuentdeckungen.

Ich finde diese Treffen und den Austausch gerade hinsichtlich Toleranz und gegenseitigem Verständnis und Verstehen auch über Ländergrenzen hinweg sehr schön und wichtig.

Ein fester Termin ist für mich Ende Juli/ Anfang August “Le Grand Bal de l'Europe“ in Gennetines (Frankreich). Dort treffen sich Jung und Alt aus ganz Europa, wir sprechen unterschiedlichste Sprachen, kommen aus verschiedensten Gesellschaftsschichten aber wenn wir miteinander tanzen, dann zählt nur der Augenblick, dann gibt es keine Barrieren, dann verstehen wir einander und lachen wir gemeinsam.

 

Inspiriert durch den Film "Le Grand Bal", der 2019 im Kino zusehen war, waren in diesem Sommer besonders viele Neue auf dem Festival. Es war toll zu sehen, dass sich die Veranstalter darauf sehr gut eingestellt hatten und viele Einsteiger- und Anfängerkurse angeboten wurden. Den "Debütanten" wurde es, meiner Meinung nach, leicht gemacht, in die Gemeinschaft und das Tanzfeeling einzutauchen und hier anzukommen. 

 

Termine und Festivals finden sich unter anderem auf der Website von Balhaus.de.

Fotos: Anna Caramél und Mark Kultajev

Fest Noz & Fest Deiz – bretonische Tanzfeste 

 

Ursprünglich traf man sich in der Bretagne nach der gemeinsamen Arbeit zum geselligen Beisammensein. Es wurde erzählt, gegessen, gesungen, musiziert und auch getanzt. Es ging um die Gemeinschaft, Spaß und Verbundenheit. Die Tänze und Lieder sind vom Volk fürs Volk, d.h. die Tanzschritte sind recht einfach und die Texte sind oft sehr direkt oder verspöttelnd. Der Gesang ist ein Wechselspiel zwischen einem Vorsänger und einem oder mehreren „Antwort-Sängern“, als „Kan ha diskan“ bezeichnet.

Inzwischen haben auch wir Touristen diese Feste der „bretonischen Brauchtumspflege ;-)“ für uns entdeckt. Mitmachen ist bei einem Fest Noz ausdrücklich erwünscht; die Schritte lassen sich meist ganz einfach vom Nachbarn abgucken.

Ende August war ich auf einem Fest Noz in Carnac (das kleine Städtchen liegt an der Atlantikküste am Golf von Morbihan). Wir tanzten vor der Kirche zur Musik der Gruppe „An’Dibru“. Es hat total Spaß gemacht und alle Tanzwilligen wurden freudig in die Ketten und Kreise aufgenommen.

Wer dies selbst einmal vor Ort erleben möchte, kann auf dieser Website nach Terminen und weiteren Informationen suchen: www.tamm-kreiz.bzh

Bei ARTE gab es einen schönen Beitrag zur bretonischen Musik- und Tanzkultur.

 

Aber auch hier bei uns gibt es immer wieder auch schöne „Fest Noz“ und „Balfolk“ Veranstaltungen. Da können Sie mich gern nach Terminen und Kontakten fragen.

Foto: Samuel von Richthofen

Zoff auf dem Parkett 

 

„ich tanze ja so gerne, aber mein Mann will nicht“

„wir zoffen uns nur, wenn wir zusammen tanzen sollen“

„es ist ein Kampf“

„er tut nicht, was ich will“

„sie ist total störrisch und lässt sich nicht führen“

„ich tanz nun mal besser als er und da will ich ihm halt helfen“

„bei den anderen sieht es immer so schön aus, aber mit ihm/ ihr klappt es irgendwie nicht“

… wem kommt das bekannt vor? Ich habe das oft gehört. Und gesehen, dass gerade (Ehe-)Paare nicht immer ganz so harmonisch übers Parkett schweben, wie sie es erhofft haben. Meistens macht sie ihm einen Tanzkurs schmackhaft. Erst willig, später mit zusammengebissenen Zähnen hält man durch. Aber soo viel Spaß hat es nicht gemacht. Im Gegenteil, es führte vielleicht sogar zum ein oder anderen Streit in der Beziehung.

Warum ist das so? „Bricht“ auf dem Parkett heraus, was schon längst unterirdisch gebrodelt hat?

Tanzen hat nichts mit „Macht und Herrschaft“ zu tun; nichts mit „Dominanz und Unterwerfung“, nichts mit „Kampf und Siegen“. 

 

Mein Ideal beim Paartanz ist ein Tanz, beim dem man sich aufeinander einstellt, versucht, gemeinsam die Schritte und Bewegungen zu finden, sich achtet und miteinander in Kontakt ist. Tanzen ist Kooperation und Kommunikation; ist Technik und Teamwork.

 

Miteinander tanzen im Paar ist ein Zwiegespräch mit dem Tanzpartner. Harmonisches Tanzen kann man üben und lernen. In den Workshops hilft es oft, wenn man die "eingespielten" Paare zunächst durch häufiges Partnerwechseln trennt.

Denn dabei kristallisiert sich so nach und nach die Grundessenz einer Bewegung, des Tanzes oder eines Schrittes heraus.

Das klare Führen, also Signale geben, und das Folgen, also die Signale auch verstehen (wollen), braucht etwas Übung, Geduld und Bereitschaft. Aber mit Offenheit und einer gutmütigen Portion Humor wird der kleine "Zoff" vom Anfang schnell überstanden sein.

Foto: Samuel Aubert

So will ich tanzen

"Tanzen, Paartanz, in einer Mazurka oder einem Tango Argentino ist für mich Begegnung, Harmonie, Resonanz, geführt und trotzdem auf Augenhöhe. Ist Ausdruck von Spannung und Entspannung, von Improvisation und Form, von Kreativität und Vorgabe der Musik. Wenn die Füße von der Erde getragen werden, während der Kopf davon schwebt. Ist Meditation und Aktion. Sind zwei Körper und ein Paar, Individualität und Zweisamkeit. Urlaub vom hier und jetzt, im hier und jetzt. Anstrengung und Leichtigkeit.

Tanzen ist schön. Bilder sagen mehr als 1000 Worte. So will ich tanzen"! (Wolfram Tröder, Balfolk-Tänzer)

Tanzen und Improvisieren zur Musik im Einklang mit dem Tanzpartner. "Mazurka-Valse d'Accoréam".

Balfolk was ist das? 

 

„Balfolk“ – das sind Tänze aus Frankreich, aus dem französischen Volk.

Ein „Balfolk“ ist also ein „französischer Volkstanzabend“.

 

Frankreich hat eine sehr vielfältige und lange Tanz- und Musiktradition und jede Region hat ganz eigene Tänze, eigene Stilrichtungen, Melodien, Variationen und Schwerpunkte.

In der Bretagne finden wir ganz kraftvolle, energiegeladene Tänze in der Kette oder im Kreis; im Elsaß oft ruhige, weich dahinfließende Branles. Es werden Bourrées, Gavottes und Rondeaus getanzt. Und es gibt innige Paartänze wie Walzer, Mazurka aber temperamentvolle Tänze wie Schottisch oder Polka. Wir haben auch sehr viele Partnerwechseltänze (Mixer), bei denen man in kurzer Zeit mit vielen anderen Tänzern und Tänzerinnen in Kontakt kommen kann; die beliebtesten sind Chapelloise und Cercle Circassien.

 

Die Tanzszene

Seit den 70er Jahren bezeichnen wir mit „Balfolk“ eine „Tanzszene“, die über die traditionellen französischen Tänze hinausgeht und sich inzwischen in Europa verbreitet hat. Basierend auf den europäischen Traditionen aus Frankreich, England, Schweden haben sich einige Paartänze herauskristallisiert, die auf keinem Ball fehlen (Walzer, Schottisch, Mazurka, Polka, Polska). Diese werden ergänzt durch bretonische Tänze, Mixer und, je nach Schwerpunkt der Musiker, durch die Tänze der jeweiligen Region.

 

„Balfolk“ ist sehr lebendig und sehr vielfältig.

 

Die Musik und die Tänze entwickeln sich dabei immer weiter. Es gibt viele junge Bands. Sie experimentieren und „spielen“, probieren andere Instrumente aus und arbeiten mit neuen Technik (Loops, Techno, PC-Sounds).

 

Je nach „Mode“ werden die Melodien, und damit unsere Tänze, mal ruhig und weich, mal temperamentvoll und kräftig akzentuiert. Die Musikgruppen haben also einen großen Einfluss auf die aktuelle Art und Weise, wie wir Balfolk tanzen. Da sieht man über die Jahre hinweg durchaus interessante Entwicklungen und Veränderungen.

 

Spannend sind auch immer wieder neue kulturelle Einflüsse, die die verschiedenen Bands mitbringen; es gibt Gypsy-Balfolk, afrikanische Melodien, Chansons, Beat Boxing und hin und wieder wird sogar gejodelt.

 

Trotz all der Experimente und Hörerlebnisse bleibt dabei aber immer der Charakter des Tanzes erhalten.

 

Es werden auch immer wieder neue Tänze „erfunden“ (z.B. scottish impair) bzw. vorhandene Tänze „modernisiert. Zum Beispiel tanzen wir seit einigen Jahren die „Gavotte de l’Aven“ als oft ruhigen, fast meditativen Tanz zu viert. Dieser Tanz ist ursprünglich ein Teil einer Suite, also eines mehrteiligen Tanzes. Die „echte“ „Gavotte de l’Aven“ ist ein durchaus recht lebhafter Tanz aus der Bretagne.

 

 

Was ist die Grundidee von Balfolk?

Man tanzt miteinander. In der Gruppe, im Kreis, in der Gemeinschaft. Jung und alt tanzen zusammen.

Es steht nicht die Brillanz des Einzelnen im Mittelpunkt, sondern das „zusammen Tanzen und Spaß haben“. Häufige Partnerwechsel bereichern die Tanzerfahrungen.

Bei den Paartänzen gibt es oft nur einen recht einfachen Grundschritt. Figuren und Schrittkombinationen kann man tanzen, aber sie werden nicht explizit gelehrt (wie bei Salsa oder Tango zum Beispiel). Es geht darum, als Paar zusammen zu tanzen, sich aufeinander einzustellen.

 

Einfach mittanzen!

Die Grundlage der Tänze ist einfach. Sie sind ja im Volk entstanden, d.h. Jede und Jeder kann mittanzen. Dabei bleibt immer Platz zum Improvisieren und „Spielen“ und zum „Balzen“. Denn die Tanzfeste waren früher ein wichtiger Ort, um sich dem anderen Geschlecht nähern zu dürfen.

 

 

Auf einen „Balfolk“ kann man einfach hingehen, auch als Anfänger und auch alleine. Hier tanzt Jeder mit Jedem; man kann sich gegenseitig auffordern … es ist also ganz offen. Auch als Einsteiger ist es völlig unproblematisch, man geht einfach hin und versucht es. „Learning by Doing“ – so haben wir alle angefangen.

Hier ist ein Eindruck von unserem "BalFolk & FestNoz" im Fichtehaus in Tübingen am 16. Februar 2019.

Wir hatten zwei tolle Bands "Danzvogel" und "Duo Andreas Neumann und Markus Krimmer"  und es kamen viele Gäste zum Tanzen, Essen, Trinken, Schwatzen ...

Foto: Anja von Richthofen